Alex Hepburn am 6. Juli 2013 in der Westfalenhalle beim Boxkampf von Felix Sturm. Foto: AWi

Alex Hepburn: „Das Album ist mein privates Tagebuch“

Als Mittelgewichtsboxer Felix Sturm am 6. Juli in der Westfalenhalle antrat, flogen da nicht nur die Fäuste. Den Besuchern wurde auch eine außergewöhnliche Stimme präsentiert. Und die gehörte Alex Hepburn. Die junge Sängerin aus London eroberte die Herzen der Fans im Sturm. TONGEBIET sprach mit Alex Hepburn am Rande des Kampfes. Die 27-Jährige kommt zudem ins TONGEBIET.

Sie sind über Nacht auf der Musikbühne erschienen. Und das äußerst erfolgreich. Warum hat das so lange mit ihrem ersten Album gedauert?

Alex Hepburn: Ich habe nicht so einen geraden Weg eingeschlagen, er war teilweise sehr uneben und steinig. Mit 15 Jahren habe ich die Schule geschmissen, weil ich meinen Vater pflegen musste. Der hatte Demenz. Als er dann gegangen war, hatte ich endlich mein eigenes Leben. Aber es hat einige Jahre gedauert, bis ich darüber hinweg war. Und dann konnte ich nach vorne blicken, überlegen: „Was willst Du eigentlich machen?“ Und ich kann jetzt im nachhinein glücklich sein, dass ich angefangen habe, Musik zu schreiben. Und mit und in der Musik konnte ich dann vieles verarbeiten, was ich erlebt habe. Und wenn die Leute dann meine Musik und meine Texte gehört haben, dann blühte ich auf. Aber für mich war es nach all der Zeit schwer, Leuten zu vertrauen. Auch denen, die sagten: „Du machst wundervolle Musik.“ Viele sagten: „Wir bringen Dich groß raus“. Doch denen traute ich nicht über den Weg. Ich glaube denen nicht, wenn die mir sagen „Du wirst die neue Madonna“ oder, oder... Da dauert es lange, bis ich Vertrauen gewonnen habe. Deshalb hat’s ein bisschen länger gedauert (lacht)

Und Sie haben dann aber schnell einen Plattenvertrag bekommen?

Alex Hepburn: Ja, vier Tage nach einem Konzert habe ich mein allererstes Angebot bekommen - und gleich von Warner Music. Das war schon eine Chance. Aber bis zu dem Zeitpunkt konnte ich machen, was ich wollte. Niemand sagte mir: Mach dies! Mach das! Und wenn Du unterschreibst, dann bis Du gefangen. Drei Jahre meinetwegen. Zeit, in der Du eine andere Zukunft aufbauen könntest. Das könnte zum Alptraum werden. Auch meine Mutter sagte: Das ist nichts. Arbeite! Und sie dachte: Musik ist ein schlechtes Business, Drogen, Haie, Alkohol.

Alex Hepburn am 6. Juli 2013 in der Westfalenhalle beim Boxkampf von Felix Sturm. Foto: AWi

Sie haben doch unterschrieben. Und dann hat sich alles geändert?

Alex Hepburn: Wissen Sie, ich glaube nicht, dass Zeit alle Wunden heilt. Und so hatte ich eine Menge mit mir rumzuschleppen aus der Vergangenheit. Aber es ist schon ein verdammt gutes Gefühl, wenn da einer ist, der mehr an mich glaubt, als ich es tue. Un das tun sie bei Warner Music. Denn viele Menschen kommen und gehen, die Dir allesmögliche versprechen. Mit dem Vertrag ist es alles komfortabler. Jetzt, mit dem Vertrag, kann ich auf die Bühne gehen, vor den Menschen singen, die mir all die Liebe geben, die ich mir selbst nicht gebe. Und das gibt Dir Zuversicht.

Können Sie mir etwas über die Arbeit am Album „Together Alone“ erzählen?

Alex Hepburn: Wir haben so vor zwei, drei Jahren angefangen. Angefangen mit Schreiben. Ich glaube, ich habe so über 300 Songs geschrieben in der Zeit. Und dann haben das Label und ich ein paar Songs aus der großen Flut an Material ausgewählt. Und wir haben mit den verschiedensten Leuten zusammengearbeitet, um daraus ein Album zu machen. Zunächst waren wir in New York, haben einen Producer gesucht. Nora Jones haben wir gefunden. Aber das hat nicht funktioniert. Wir haben weitergesucht, ein langer und sehr intensiver Prozess, der dem Album gut getan hat.  Und dann, als das Album schon fertig war, sind wir auf Linda Perry (Anm.: 4Non Blondes) gestoßen. Ich habe ihr gewittert. Da hab ich gesehen: 50 000 Followers. Da habe ich gedacht: Die wird sich nie, nie melden. Aber sie hat meinen Kommentar gelesen und wollte mit mir arbeiten. Wow. Aber sie lebt in L.A., ich in London.  Da habe ich mir Geld geliehen, war drei Wochen da. Und zurück kam ich mit den Songs „Under“ und „Pain Is“. Aber da war das Album längst fertig. Das Label hat gesagt: Keine Songs mehr! Und dann haben wir doch noch zwei Lieder getauscht. Zum Glück. Denn die beiden Songs „Under“ und „Pain Is“ waren die Türöffner für meine Karriere.

„Ich bin ein Perfektionist“

Was denken Sie, wenn Sie heute das Album „Together Alone“ hören?

Alex Hepburn: Immer, wenn ich’s höre, denke ich: Das könntest Du ändern. Das würdest jetzt anders machen. Ich bin ein Perfektionist. Nicht mit mir selbst, sondern mit meiner Musik. So bin ich mit nichts zufrieden. Deshalb hat das auch alles so lange gedauert. Duffy zum Beispiel hatte Glück. Das war alles bis ins kleinste Detail für sie hergestellt. Und dann brauchte sie nur noch zu singen. Ich selbst habe in der langen Produktionszeit durch Fehler gelernt. Und ich habe schnell gelernt beim ersten Album. Und wenn du ein zweites Album auf den Markt bringst, dann weißt du: ich will das nicht. Ich will jenes nicht. Denn das war falsch.

Sie schreiben die Texte selbst. Haben die Texte autobiographische Inhalte?

Alex Hepburn: Komplett. Das gesamte Album. Das ist so eine Art ganz privates Tagesbuch, das ich veröffentlicht habe. Das ist auch eine Therapie für mich.

Ist es für Sie wichtig, Ihre Gefühle und Emotionen in den Liedern zu verarbeiten?

Alex Hepburn: Ja. Denn ich gebe den Menschen diese Emotionen. Die Menschen sollen meine Musik fühlen. Ich gebe Ihnen meine Seele und das sollen sie auch fühlen.

In einem Song schreiben Sie, Schmerz ist ein Teil von mir...

Alex Hepburn: Ja, das stimmt. Wissen Sie, Liebe und Schmerz sind in jedem Menschen verwurzelt. Aber ich habe viele schlimme Dinge erlebt. Und da gehört der Schmerz dann auch dazu, den man auch gewähren lassen sollte.

Alex Hepburn am 6. Juli 2013 in der Westfalenhalle beim Boxkampf von Felix Sturm. Foto: AWi

Haben Sie einen Lieblingssong auf dem Album?

Alex Hepburn: Das könnte „Pain Is“ sein.

Viele Leute sagen, Sie hören sich an wie Janis Joplin. Was sagen Sie dazu?

Alex Hepburn: Das ist natürlich ein sehr nettes Kompliment, da ich ja eine Reibeisenstimme habe. Da kann man mich auch vergleichen mit Macy Gray, die ich überragend finde, oder mit Janis Joplin, Pink, Rod Stewart. Wenn es Menschen sind, die jünger sind, sagen sie: die hört sich an wie Pink. Sind sie älter, fragen sie: Wer ist Pink? Und dann sagen sie: Ja, die klingt wie Janis Joplin. Aber die meinen nicht mich. Die meinen nur meine Stimme.

Haben Sie musikalische Vorbilder?

Alex Hepburn: Na klar. Jimmi Hendrix, ich liebe Creedence Clearwater Revival, The Band, The Faces, Etta James, James Brown, er ist einer meiner Top-Favoriten.

Aber Sie hatten immer eine berufliche Alternative vor Augen. Meeresbiologin?

Alex Hepburn: Ja, ich hatte anfangs immer einen Plan B. Denn da war immer die Angst, auch jetzt noch, dass ich es im Musikgeschäft nicht schaffe. Meeresbiologin, das war mal ein Kindheitstraum, damals, bevor ich die Schule abgebrochen habe, um meinen Vater zu pflegen. Aber das ist lange her. Sehr lange. Das ist heute keine Alternative mehr.

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Alex Hepburn: Ich freue mich auf eine Tour. Es sind so viele Länder, so viel Städte. Teilweise vergisst man, wo man gerade ist. Mal in Frankreich, dann in Deutschland, Belgien, Holland, wieder in Frankreich. Das ist schon verrückt. Und alles geht wahnsinnig schnell. Da möchte ich mich am liebsten klonen. (lacht)

Termin im TONGEBIET:

27. Oktober 2013 | Gloria, Apostelnstraße 11, Köln

Beginn: 19 Uhr (!) | Tickets: VVK 20 Euro zzgl. Gebühren

  
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