Tarja_Colours In The Dark_press pictures_photo credit Eugenio Mazzingh_3_KF Kopie

Tarja Turunen am 23. Oktober im FZW

Mit einer imposanten Mischung aus Heavy Metal und ihrer glasklaren Sopran-Stimme hat Tarja Turunen eine neue Art symphonischen Rock geschaffen. Monströs, gewaltig und aufwühlend. Und genauso ist auch ihr neues Studioalbum „Colours in The Dark“, das die Finnin im TONGEBIET vorstellt – am 23. Oktober im Dortmunder FZW. TONGEBIET sprach mit der in Argentinien lebenden Sängerin über ihre neue Heimat, ihre Musik und das Leben nach Nightwish.

Du lebst nun in Argentinien, bist in Finnland geboren und aufgewachsen. Und Du tourst durch die ganze Welt. Wo fühlst Du Dich zu Hause?

Tarja: (lacht) Ich fühle mich hier in Argentinien zu Hause. Wir leben hier in einem großen Appartement. In Finnland hatten wir noch ein Haus. Das ist schon eine ungeheure Umstellung, hier im Appartement. Aber, weißt Du, es ist einfacher. Wir machen einfach die Tür zu, wenn wir verreisen. Denn immerhin sind wir gut acht Monate auf Tour. Eine lange Zeit. Da hauen wir dann einfach ab. Ich liebe Buenos Aires, die Farben des Lebens hier. Die Stadt hat mir die Freiheit gegeben. In Finnland war ich sehr bekannt. Auch hier habe ich viele Fans, aber es ist nicht so wie in Finnland, wo mich jeder kannte. Ich liebe die Sonne hier. Das gibt mir eine ungeheure Energie. Die Sonne. (Tarja seufzt).

War es eine große Umstellung  aus dem Hohen Norden, Finnland, nach Südamerika auszuwandern?

Tarja: Weißt Du, darüber habe ich bisher gar nicht nachgedacht. Ich habe ja auch vorher in Deutschland gelebt. Und mit meiner Musik bin ich durch die ganze Welt gezogen. Ich fühle mich sehr komfortabel in meiner Situation. Natürlich, wenn du als Finnin hier zur Bank gehst und drei Stunden brauchst, um Geld abzuheben, dann ist das schon gewöhnungsbedürftig. Das ist frustrierend. Man muss eben sehr spontan leben, sich auf all diese Dinge einstellen. Aber das ist kein Problem. Natürlich ist hier auch die Korruption ein großes Problem. Und die ökonomische Situation ist weiß Gott miserabel. Und das beeinflusst natürlich deinen Alltag. Aber die Menschen hier sind so optimistisch, so aufgeschlossen. Da sehe ich dann diese positiven Dinge.

„Ich kann finnischen Tango tanzen“

Wenn ich an Argentinien denke, denke ich an Fußball und an Tango. Tanzst Du Tango?

Tarja:  Als ich 18 Jahre alt war habe ich studiert. Fünf Tage die Woche Tanz trainiert. Und dazu gehörte auch der argentinische Tango. Aber seit der Zeit habe ich’s nie wieder versucht. Nie. All die vielen Jahre. Aber ich kann finnischen Tango tanzen... (lacht)

Du hast sehr viele Fans in Deutschland. Was bedeutet Deutschland für Dich und Deine Karriere?

Tarja: Deutschland ist sehr, sehr wichtig. Ich habe in Deutschland gelebt. Meine Plattenfirma sitzt in Deutschland. Und ich habe sehr, sehr viele Kontakte dort hin. Aus wirtschaftlicher Sicht ist es ein sehr wichtiges Land für mich. Und ich freue mich jetzt schon wahnsinnig auf die vielen Fans, auf die Konzerte. Es waren immer ganz besondere Begegnungen. Auf der anderen Seit habe ich viele Freunde da, richtige Freunde in Deutschland, die mir sehr wichtig sind. Und die vermisse ich. Sehr sogar.

Kannst Du mir ein bisschen über die Arbeit an Deinem neuen Album „Colours in The Dark“ erzählen?

Tarja: Das hat rund zweieinhalb Jahre gedauert. Eine lange Zeit. Aber ich war sehr viel auf Tour mit den beiden Vorgängeralben. Immer wenn ich mal zu Hause war, habe ich mich hingesetzt und Songs geschrieben – zwischen den Touren. Und immer wenn ich unterwegs mal Ruhe hatte, habe ich mich ans Keyboard oder ans Piano gesetzt, habe meinen Computer rausgeholt und ebenfalls Songs geschrieben. Manchmal allein, manchmal mit meinem Songwriter, mit dem ich schon früher zusammengearbeitet hatte, oder mit meinem Gitarristen. Es war eine sehr schöne Zeit, die ich hatte, eine sehr intensive Zeit. Denn ich habe in der Zeit gesehen, wie sich meine Karriere sehr positiv entwickelt hat. Immer mehr Menschen kamen zu meinen Konzerten. Ich hatte ein Leben allein mit meiner Musik, nicht in einer Band, in der ich viele Jahre verbracht habe. Ich konnte machen, was mein Herz mir gesagt hat. So habe ich dann viele, viele treue und loyale Fans gewonnen. Das ist unglaublich. Die Arbeiten an dem Album waren sehr natürlich für mich. Alles, was Du auf dem Album hörst, bin ich. Die Arbeit im Studio war spannend und interessant. Das hat alles gepasst. Es war eine wunderbare Zeit.

Hast Du auch Druck verspürt, nachdem Deine beiden ersten Alben ja auch erfolgreich waren?

Tarja: Nein, nicht im eigentlichen Sinn Druck. Ich war eher nervös. Dass ich erfolgreich sein müsste oder wollte, daran habe ich nie gedacht. Denn ich weiß, wie das Musikbusiness funktioniert. Heute bist Du ganz oben, im nächsten Moment ist das Schiff schon gesunken. Insoweit muss ich realistisch sein. Und ich bin sehr realistisch. Mein neues Label arbeitet sehr hart mit mir. Es ist das größte unabhängige Label in Deutschland. Und die Leute haben ein persönliches Interesse an mir und meiner Musik. Und es ist mir zum ersten Mal in meiner Karriere passiert, dass das Label auch meine klassischen Alben veröffentlicht. Sie sind wirklich an mir interessiert. Das macht mich sehr, sehr glücklich. Und es passiert gerade jetzt. Als ich dann an meinem dritten Rockalbum gearbeitet habe, war ich sehr zuversichtlich. Ich hatte das unerschütterliche Vertrauen ins Label, denn sie standen und stehen alle hinter mir. Als ich das Album dann den Fanclubs vorgestellt habe, kamen da unglaubliche Reaktionen. Der Moment war für mich allerdings schon beängstigend, weil ich wusste, was kommt. Denn die Fans haben meine Musik vor allen anderen gehört. Fanclubs in aller Welt. Ich habe ihr Feedback sofort erhalten. Das war unbeschreiblich. Meine Musik ist wahrlich nicht einfach. Aber die Fans sind so aufgeschlossen. Wow.

„Ich glaube, es ist die Band, die härter klingt“

Das aktuelle Album ist härter und kraftvoller als Deine beiden ersten Alben. Hast Du die Songs bewusst so eingespielt?

Tarja: Ich glaube, es ist die Band, die härter klingt. Kraftvoller. Diese Energie habe ich auf meinen beiden ersten Alben vermisst. Diese kraftvolle Band. Ich liebe die in meinen Konzerten. Sehr talentierte Musiker habe ich um mich herum, die von den verschiedensten Wurzeln kommen. Das ist so massiv, wenn sie spielen. Ein Sound. Das wollte ich so. Monströs. Auf der anderen Seite die symphonischen Teile, die Chor-Arrangements. Das sind die Bereiche, wo ich herkomme, die klassische Musik. Und die kenne ich immer noch am besten. Und auf dem Album sind beide Richtungen in Balance.

Du singst nicht nur, sondern hast viele Songs selber geschrieben. Ist Dir das wichtig, Deine Emotionen und Gefühle auszudrücken?

Tarja: Ja, auf jeden Fall. Das ist der einzige Weg, der für mich der richtige ist. Ich muss mittlerweile einfach schreiben. Wenn ich klassische Stücke singe, dann singe ich die Musik anderer Menschen. Das ist ein ganz anderes Gefühl, als wenn du Deine eigenen Songs interpretierst. Jetzt ist das ein ganz persönlicher Weg meiner Emotionen. Wow. Nun, wenn ich mich auf die Tour im Oktober freuen, dann weiß ich, dass ich meine Songs singen werde - für mein Publikum. Das ist ein unbeschreibliches Gefühl.

Als Du angefangen hast, Deine klassische Soparan-Stimme mit Heavy Metal zu kombinieren, war das nicht ein Risiko?

Tarja: Ja, auf jeden Fall. Das war eine ungeheure Herausforderung. Aber ich habe sie angenommen. Dass ich es gemacht habe, war im Nachhinein betrachtet sehr gut. Und es ist immer noch sehr gut für mich. Dadurch stehe ich neuen Dingen gegenüber immer noch sehr aufgeschlossen gegenüber. Aber es war schon sehr hart. Damals in der Band. Es waren auch gesundheitliche Herausforderungen. Und die Gesundheit steht für mich immer an erster Stelle. Immer. Jeden Tag. Bis heute. Wenn ich meine Stimme verliere, dann verliere ich die Liebe am Leben. Es hat Jahre gedauert, bis ich mich wohl gefühlt habe, mit meiner Stimme auch Rockmusik zu singen. Meine Stimme war am Anfang nicht flexibel genug für diese Art der Musik. Aber heutzutage habe ich die Balance gefunden, auf der einen Seite Rock zu singen, das auch variabel. Auf der anderen Seite die Höhen der klassischen Musik als Sopranistin. Der technische Aspekt ist für mich heute einfacher geworden. Das hilft mir, mich vom klassischen Gesang besser lösen zu können. Es ist heute eine großartige Balance, beides ist heute in Harmonie. Rock und Klassik in meiner Stimme.

War es für Dich als Frau schwierig, Dich in der Männerdomäne Heavy-Metal durchzusetzen?

Tarja: Niemals habe ich daran gedacht. Ich wusste damals in den Anfangszeiten von Nightwish nichts, aber auch gar nichts von Heavy Metal. Ich bin damals sehr offen mit der Band und mit den Fans umgegangen. Sie haben gesehen, dass ich aus einer ganz fremden Welt gekommen bin. Und sie haben das akzeptiert und mich ebenso offen angenommen, so wie ich war. Und heute nehme ich die Elemente aus der Metalmusik und mache sie zu meinen eigenen. Das liebe ich. Ich habe heute noch viele Fans, die schon zu Beginn meiner Karriere mit Nightwish da waren. Viele, die mich und meine Karriere verfolgen. Das ist schon ein Segen. Und meine Fans stelle ich jeden Tag mit meiner Musik vor neue Herausforderungen. Denn ich nehme immer radikale Veränderungen vor. Aber ich liebe diese  Verrücktheit. Das bin ich eben.

„Ich bin ein Mensch, der nach vorne schaut“

Du hast gerade Nightwish erwähnt. Gibt es Momente, in denen Du an die alten Zeiten zurückdenkst?

Tarja: Nicht wirklich. Aber viele Menschen fragen mich nach der Zeit. Fragen, ob wir nicht wieder zusammenkommen? Aber ich will nicht zurückgehen, an die Vergangenheit in meinem Leben denken. Ich bin ein Mensch, der nach vorne schaut, der nach vorne geht. Immer. An der Vergangenheit bin ich nicht interessiert. Dafür stelle ich mich den Herausforderungen des Jetzt und der Zukunft.

Was dürfen die Fans auf der Tour von Dir erwarten, die am 19. Oktober beginnt. Probst Du gerade?

Tarja: Nein. Das machen wir mit der Band ein paar Tage bevor die Tour startet, in der Tschechischen Republik. Von dort geht’s dann los. Zurzeit arbeite ich zusammen mit meinem Stimmtrainer an meiner Stimme, vor allen Dingen mit klassischen Stücken. Und zudem möchte ich meine Kondition verbessern. Denn eine Tour ist doch sehr anstrengend. Da arbeite ich jeden Tag sehr hart. Und es macht Spaß. Meine Tochter ist jetzt gerade ein Jahr alt. Und da hatte ich wenig Zeit. Mir macht es Spaß, mich wieder in Form zu bringen. Das fühlt sich richtig gut an.

Auf der Tour wird es einen Mix aus Deinen drei Alben geben?

Tarja: Ja. Aber ich werde sehr, sehr viel von dem neuen Album spielen. Eigentlich hatte ich eine ganz verrückte Idee, nur die Songs von „Colours in The Dark“ zu spielen. Dann habe ich gedacht, dass ich in einigen Städten noch nie aufgetreten bin. Und die Fans kennen meine alten Songs vielleicht nicht. aber die Musiker, die ich mit auf Tour habe, kennen die alten Stücke auch bestens. Das sind alles alte Bekannte.

Und Du bist mit der ganzen Familie auf Tour?

Tarja: Natürlich. Meine Tochter, mein Mann Marcelo, der ja auch mein Manager ist. Der passt dann auf unsere Tochter auf während ich auf der Bühne bin. Ein Kindermädchen ist auch dabei. Viele, viele Leute. Und auf der Tour hat meine Tochter auch viele Onkels, die auf sie aufpassen (lacht). Viele Musiker. Nicht alle kennen sie schon. Nur mein Schlagzeuger und mein Cellospieler.

Termine im TONGEBIET:

23. Oktober 2013 | FZW, Ritterstraße 20, Dortmund

Beginn: 20 Uhr | Tickets: VVK 33 Euro zzgl. Gebühren

2. November 2013 | Gloria, Apostelnstraße 11, Köln

Beginn: 19.30 Uhr | Tickets: VVK 39,50 Euro zzgl. Gebühren

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