Cäthe: „Ich habe eine Leidenschaft in mir, die Musik“
Ihr erstes Album „Ich muss gar nichts“ bezeichnet sie als Paukenschlag, als es 2011 herauskam und sie in die Öffentlichkeit katapultierte. Zurzeit ist sie schon mächtig kribbelig, denn am 2. Oktober erscheint ihr neues Album mit dem Namen „Vagabund“: „Cäthe“ alias Catharina Sieland. TONGEBIET sprach mit der 32-jährigen Musikerin über das neue Album, ihre Musik, ihren steinigen Weg und vor allem auch über die Geschichten, die sie in ihren Songs erzählt.
Wie entstand denn der Name Cäthe?
Cäthe: Das war eine Freundin von mir. Mit 19 Jahren bin ich auf eine Musikfachschule in Dinkelsbühl gegangen. Und da hat mich eine Freundin so genannt. Und von da an war es gang und gäbe, mich Cäthe zu nennen. Immer mehr Menschen haben mich dann Cäthe genannt. Und irgendwann war ich nur noch Cäthe. Nur für meine Familie bin ich noch Catharina.
Mit zwölf Jahren die erste Gitarre, mit 14 Jahren der erste Auftritt. War es schon immer Dein Wunsch, Musikerin zu werden?
Cäthe: Der war schon ziemlich früh da. Nur: Ich wusste gar nicht, wie man das macht. Damals war das so ein Gefühl, das ich etwas machen möchte, das ich noch gar nicht richtig definieren konnte. Wie wird man Musikerin? Wie macht man aus diesem Traum einen Beruf? Damals gab es noch keine Sendung Popstars oder so etwas. Und es geht letztlich ganz einfach: Man macht einfach Musik. Und das hat sich nicht geändert. Auch heute mache ich noch Musik.
Du hast dann auch gezielt und professionell Deinen Weg verfolgt?
Cäthe: Ich habe zunächst die Schule zu Ende gemacht, die Mittlere Reife. Danach habe ich aber erst einmal eine Ausbildung an einer Schule für Musik und Grafik in Schwäbisch-Gmünd absolviert, so was wie Goldschmiedin. Meine Familie, musst Du wissen, ist eine Schmiedefamilie. Das „Mit-den-Händen-arbeiten“, das liegt bei uns in der Familie. Und ich mache das auch wahnsinnig gerne. Aber da war immer der Wunsch, Musik zu machen. Und der war letztlich allgegenwärtig und stärker. Deshalb habe ich die Schule auch abgebrochen und da ich, wie eingangs erwähnt, gar nicht wusste, wie ich es angehen soll, das mit der Musik, habe ich zunächst gejobbt, gesungen, Gedanken aufgeschrieben, bis ich dann die Möglichkeit hatte, nach Dinkelsbühl zu gehen.
Hast Du dann einen geradlinigen Weg eingeschlagen, das Ziel vor Augen, Deinen Weg verfolgt?
Cäthe: Was ist ein geradliniger Weg? Ich glaube, ich selbst war sehr straight. Mein Weg war, ich würde fast sagen, er war steinig. Nicht weil ich es kompliziert mag. Denn man muss den Weg ja für sich selbst erst trampeln. Es gibt Schritte, die jeder tut. Aber es sind sehr viele, oft auch kleine Schritte, die man sehr individuell treten muss. Und herauszufinden, welchen Schritt man macht, das ist oft auch mit Umwegen verbunden. Man muss sich ständig die Fragen stellen: Wer bin ich?, Wo bin ich? Oder auch „Wo will ich hin?“. Das ist auch eine Verantwortung, die man für sich selbst hat. Und die kann man nur alleine tragen.
Alles braucht seine Zeit
Oft sind ja Umwege positiv, da man aus ihnen auch lernt...
Cäthe: Ja, das denke ich auch. Denn alles braucht seine Zeit. Ich habe irgendwo mal gelesen, dass es zehn Jahre braucht, eine Künstlerpersönlichkeit zu entwickeln. Daran glaube ich auch. Das heißt nicht, dass man sich wahnsinnig verändert. Aber es ist schon, dass man sich ein bisschen perfektioniert in seinem eigenen Wahnsinn.
Du hast erzählt, dass Dein Weg steinig war. Gab es Momente, in denen Du alles hinwerfen wolltest?
Cäthe: Das habe ich sehr oft gesagt. Auch in Momenten, in denen es gar nicht so schlecht lief. Da habe ich dann auch gemerkt, dass es ein sehr anstrengender Weg ist. Er kann Dich unheimlich beflügeln und ganz viel Kraft schenken, aber du wirst auch jeden Tag neu gefragt und gefordert. Du musst täglich handeln und Entscheidungen treffen, nicht nur für Dich selbst, sondern auch für dein ganzes Team, für jeden, der ein bisschen dran hängt.
Warum hast Du letztendlich weiter gemacht?
Cäthe: Das hat unterschiedliche Gründe. Erstens, weil ich kein Mensch bin, der gerne aufgibt. Und zudem habe ich irgendwann mal gemerkt, dass Talent alleine nicht ausreicht, damit ein Plan funktioniert. Da ist Durchhaltevermögen ganz entscheidend. Ich habe gesehen, wie ein paar Freunde aufgegeben haben, die unglaubliches Talent hatten. Da habe ich immer gedacht: Mein Gott, warum hast Du nicht ein bisschen mehr Durchhaltevermögen? Durchhaltevermögen ist für die Kunst und Musik enorm entscheidend. Und dazu kommt noch Beweglichkeit und Flexibilität. Zu checken, wenn es nicht weitergeht, liegt das an mir selbst? An meiner Umgebung? Worin ist es begründet, dass es gerade stagniert oder ich nicht inspiriert bin?
Wie würdest Du Deine Musik jemandem beschreiben, der Dich und Deine Musik nicht kennt?
Cäthe: Das ist echt schwierig. Das ist eine viel schwerere Frage als mich zu fragen, wer ich bin. Und das kann ich ja schon kaum beantworten. In erster Linie würde ich sagen, dass es Singer/Songwriter-Musik ist. Ich schreibe über meine Erfahrungen, singe über meine Erfahrungen. Ich trage eine Art von Kraft in mir, die ich durch meine Musik nach außen trage. In meiner Musik ist Sehnsucht, eine Art Unstillbarkeit, in meiner Musik möchte ich aus mir heraus. Und trotz alldem umgibt mich eine Art Melancholie. In meiner Musik versuche ich, mit diesen Gegensätzlichkeit zu jonglieren. Das ist vielleicht auch der Grund, warum ich mich nicht einem Genre hingebe, sondern offen bleibe.
Zum Texten brauche ich den Rückzug und die Stille
Kannst Du mir ein bisschen über „Vagabund“ erzählen? Wie bist Du an den Texten, an der Musik beteiligt?
Cäthe: Der Kopf bei dem Album bin ich, was Musik und Text angeht. Bei Vagabund war die Herangehensweise sehr unterschiedlich. Teilweise bin ich mit fertigen Texten und Songs schon angekommen, mit der Gitarre oder auch schon mit älteren Demos. Auf der anderen Seite wurden aber auch das eine oder andere Stück im Studio mit den Jungs weiterentwickelt. Dabei sind dann auch ganz andere musikalische Dinge entstanden, als ich das vorher geplant hatte. Jedes Lied ist individuell zu betrachten und steht auch für sich.
Wenn Du komponierst oder textest, ziehst Du Dich dann zurück?
Cäthe: Ich ziehe mich dann völlig zurück. Das auch aus dem Grund, dass ich mich alleine vergewissern möchte, was ich gerade denke, auch über die Musik oder den Text. Denn ich fühle mich schnell von meiner Umgebung abgelenkt. Ich bin dann immer wahnsinnig inspiriert, nehme irrsinnig viele Impulse auf. Auch Dinge und Menschen, die mir dann sagen, was ich bin oder die mir sagen, was ich nicht bin. Das ist beides sehr wichtig für mich. Um dann aber an die Musik, den Text zu gehen, dazu benötige ich den Rückzug und die Stille.
In Deinen Liedern erzählst Du häufig ganze Geschichten. Ist das Reflexion, Fiktion? Was ist das?
Cäthe: In erster Linie ist es sehr autobiografisch. Und es ist hier und da sehr metaphorisch, weil ich versucht habe, Bilder zu finden für meine Gefühle. Man kann auch vieles so 1:1 stehen lassen und auf meine Wirklichkeit übertragen.
Ist das auch ein Grund, warum Du auf Deutsch singst, dass Du solche Dinge besser in Deiner Muttersprache transportieren kannst?
Cäthe: Es ist natürlich auch eine Leidenschaft für die Sprache. Es würde anders sein, wenn ich wahnsinnig gut Französisch sprechen würde. Was ich gerne täte, aber leider tue ich es nicht. Ich liebe, lebe und leide, freue mich in Deutsch, träume in Deutsch. Das ist ja auch der Grund, warum mein Herz ganz anders schlägt, wenn ich die Dinge auch genau so benennen kann, wie ich denke. Und das kann ich nur in meiner Muttersprache.
Du erwähntest eben, dass es zehn Jahre dauern kann, bis eine musikalische Persönlichkeit gereift ist. Wenn Du heute zurückblickst auf das erste Album 2011 „Ich muss gar nichts“, ist die Zeit seit damals ganz schnell wie im Flug vergangen? Hat man überhaupt Zeit in dieser Maschinerie Musikbusiness zu reflektieren?
Cäthe: Was heißt ganz schnell? Ich habe ja schon mit 19 angefangen, mich darauf zu fokussieren, dass es mein Weg ist. Das ist ja schon über zehn Jahre her. Es ist lange nach außen nicht viel passiert. Aber ich habe im stillen Kämmerlein gearbeitet, auch an mir, mich weiterentwickelt, Lieder geschrieben. Ich wollte herausfinden, wer ich bin, was ich will, wollte meine Eigenarten herausarbeiten. Das wollte ich alles für mich tun, bevor ich es auf der Bühne tue. Oder besser gesagt, bevor ich andere darüber entscheiden lasse, ob etwas stimmt oder etwas nicht stimmt, von dem, was ich auf die Bühne bringe. Und natürlich auch die Frage: Reichst das alles? Letztendlich tue ich das alles, weil ich diese Leidenschaft in mir habe, Musik zu machen und zu schreiben. Letztlich tue ich das für mich und lasse mich auch nicht irritieren von der Meinung anderer Menschen. Aber, da ich sehr sensibel bin, fließen solche Gefühle auch immer in mich hinein. Dann berührt mich, was über mich geschrieben oder gesagt wird. Als das erste Album „Ich muss gar nichts“ kam, war das ein großer Paukenschlag für mich. Hier bin ich. Natürlich hatte ich vorher lange daran gefeilt. Aber an dem Punkt wurde ich auch von der Außenwelt erstmals wirklich wahrgenommen. Mir kommt das so vor, als wäre das alles schon viel, viel länger her.
Der Paukenschlag hat mein Leben grundlegend verändert
Hat denn dieser Paukenschlag Dein Leben grundlegend verändert?
Cäthe: Ja! Vieles ist, Gott sei dank, nicht mehr so wie es vorher war. Aber ich hoffe trotzdem, dass ich mir treu gebelieben bin. Das hoffe ich inständig. Ich finde das unheimlich wichtig, dass ich das glaube, was ich tue. Dass ich weiterhin die Kraft und den Mut habe, das auszudrücken, was aus mir heraus möchte. Ansonsten würde ich es nicht mehr machen. Denn es gibt auch andere sehr kreative Bereiche, die ich auch für mich nutzen könnte. Das, was das Business wirklich zu einem Haifischbecken macht ist, dass alles wahnsinnig schmerzhaft ist. Ich will weiter dahinter stehen, was ich tue, dass ich eine Haltung habe, die ich auch wirklich in mir trage. Ich möchte mich nicht selbst verarschen.
Jetzt stehen noch Promotion-Tage an. Am 2. Oktober erscheint „Vagabund“. Wirst Du langsam schon nervös wegen der Veröffentlichung?
Cäthe: Jaaaa. Es kribbelt total. Aber ich bin gerade auch sehr geduldig. Denn ich weiß, dass jeden Tag was anderes zu machen ist, was die Außenwelt so nicht mitbekommt. Vieles muss organisiert werden, was ich überhaupt nicht auf dem Schirm hatte. Es ist immer was zu tun. Das nehme ich auch dankend an und genieße die Zeit, weil sie eine ganz andere Temperatur hat als beim Komponieren und Schreiben. Das gehört einfach dazu, auch das „Genießen lernen“.
Aber zum Genießen besteht wenig Zeit, denn Anfang November startet die Tour. Wann beginnen die Proben?
Cäthe: Ja, im November startet die Tour. Die Proben beginnen kurz davor. Und dann endlich, dann spielen wir...
Termin(e) im TONGEBIET:
Datum | Beginn | Ort | Informationen |
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21.02.2016 | 19:30 | Luxor Luxemburger Straße 40, Köln | Tickets: VVK ab 26 Euro zzgl. Gebühren |
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